Besuch auf einer Bio-Kaffeefarm

Kaffeeplantagen gibt es hier im Hochland wie Sand am Meer und zum Glück sind ein paar davon auch Bio-Kaffeefarmen; nur einige wenige bieten allerdings auch Touren an. Wir haben mit unserem Besuch auf der Finca Rosa Blanca in Heredia einen wirklichen Glücksgriff gelandet, denn der Guide Ulysses wusste unheimlich viel, hatte auf jede Frage eine Antwort, und sprach dazu noch sehr gutes Englisch. Neben uns nahmen noch ein Honeymooner-Paar aus London sowie zwei amerikanische Familien im Thanksgiving-Urlaub an der Führung Teil.



Wir erfuhren zunächst, welche unterschiedlichen Kaffeebohnen es gibt und dass in Costa Rica ausschließlich Arabica-Bohnen angebaut werden. Nach ein paar weiteren einführenden Informationen begannen wir mit unserem Spaziergang über die hügelige Farm, die eher einem Wäldchen glich, denn auf Bio-Farmen stehen nicht nur die Kaffeebüsche, sondern auch viele verschiedene Bäume und Sträucher, die die unterschiedlichsten Funktionen wahrnehmen. So dienen die Bananenbäume beispielsweise (neben dem Regen) als einziges Bewässerungssystem, insbesondere in der Trockenzeit. Zum Einen geben sie Feuchtigkeit über ihre Wurzeln an die Kaffeepflanzen weiter, zum Anderen aber auch über ihre Rinde, wie Ulysses uns eindrucksvoll zeigte, indem er ein kleines Stückchen Rinde auswrung und etwa 1l Wasser daraus erhielt:


Da ein Bananenbaum nur einmal Früchte trägt und dann stirbt, bietet der gesamte Baum den Kaffeepflanzen die erforderliche Feuchtigkeit. Auf der Farm Rosa Blanca lässt man die abgestorbenen Bäume einfach liegen - zusätzlich wachsen an deren Stelle über kurz oder lang wieder neue Bananenbäume, die dann wieder einmal Früchte tragen, usw. Außerdem wachsen hier Leguminosen, also Hülsenfrüchte, die den Boden mit dem benötigten Stickstiff versorgen. Direkt daneben Guavenbäume, da dies für den Boden aufgrund weiterer Nährstoffe förderlich ist. Viele weitere Bäume spenden den Kaffeepflanzen Schatten und dienen Vögeln als zu Hause, was wiederum positiv für das natürliche Gleichgewicht ist, da diese potenzielle Schädlinge fressen. Gemeinsam bilden die Pflanzen mit ihrem Wurzelwerk einen Erosionsschutz für die Böden. Durch den durchdachten Aufbau der Farm nehmen also Fauna und Flora (ok, und der Mensch) alle wichtigen Funktionen wahr und es kann auf Pestizide gänzlich verzichtet werden.


An anderer Stelle lernen wir aber auch, dass der Verzicht auf Pestizide zu Ernteausfällen führen kann. Die Finca Rosa Blanca war vor drei Jahren von dem sich seit 2012 in ganz Mittelamerika ausbreitenden Pilzbefall, dem sogenannten Kaffeerost, betroffen. Bis heute haben sich die Pflanzen nicht gänzlich davon erholt und die Erträge sind an den befallenen Sträuchern dementsprechend gering.


Die Erntesaison hat gerade begonnen und wird etwa bis Januar/Februar gehen. Jeden Tag müssen die Arbeiter - Saisonarbeiter aus der Region - durch die Plantagen gehen, um nur die roten Bohnen einzusammeln. Sind sie braun, sind sie überreif und die Qualität ist geringer. Und da an jedem Strauch abhängig vom Zeitpunkt der Blüte die Bohnen auch an unterschiedlichen Tagen reif werden, muss jeden Tag geerntet werden, was hier per Hand geschieht. Konventionelle Betriebe fahren meist mit einer Maschine durch die Plantage, die an den Sträuchern rüttelt, wodurch alle reifen (aber auch überreifen) Bohnen abfallen. Die Arbeiter werden nach Kilogramm geernteter Kaffeebohnen bezahlt und bei den meisten kommen dabei etwa 30$ pro Tag rum. Das ist für Costa Rica gar nicht schlecht, aber es ist eben auch harte Saisonarbeit.

Öffnet man die rote Schale, befinden sich darin (meistens) zwei Kerne - die Kaffeebohne ist also keine Bohne im eigentlichen Sinne, sondern der Kern einer Steinfrucht. Drum herum befindet sich noch eine gelee-artige Schicht (die "Silberhaut") und eine Haut; beides wird bei der weiteren Verarbeitung entfernt.


Dann werden die Bohnen etwa 10 Tage unter einem Plastikdach getrocknet, bevor sie nach Gewicht sortiert und geröstet werden.



Die Röstung findet bei 140 Grad statt und je nachdem, ob man einen Light, Medium oder Dark Roast produzieren will, passt man die Röstdauer (10, 12 oder 15 Minuten) an. Je länger man röstet, desto intensiver wird der Geschmack, der Kaffee kann aber auch schnell bitter werden, weil Bohnen u.U. verbrennen.



Insgesamt werden hier etwa 6000kg Kaffeebohnen pro Jahr, ausschließlich für den Direktverkauf, produziert. Nach etwa zweieinhalb Stunden Rundgang bekamen wir noch eine Tasse des Dark Roast zum Probieren und unterhielten uns - bei schönem Fernblick auf San José und die Berge - noch mit den englischen Honeymooners über unsere Reise, ihre dreimonatige Fahrradtour durch Europa und den Brexit.


Als sie sich dann auf ihr sicherlich schickes Zimmer in der Finca Rosa Blanca zurückzogen, fuhren wir ins Tal nach Heredia in ein unserem Budget entsprechendes Homestay. Dafür aber mit Familienanschluss bei sehr freundlichen Kolumbianern und unter einem leuchtenden Sternenhimmel, da das Zimmer das ehemalige Kinderzimmer ihrer Tochter war!

Mel
25.11.2018
Heredia
Costa Rica, Trinken


3 Kommentare

Britta 01.12.2018 um 14:16 Uhr
Für mich als Coffeeholic sehr spannend zu lesen :-)

Melanie 28.11.2018 um 18:41 Uhr
Danke - leider werden uns bald die Erlebnisse und Fotos für Berichte fehlen...

Die Vagabunden 28.11.2018 um 18:15 Uhr
Klingt alles sehr interessant und aufschlussreich, da wären wir auch gerne dabei gewesen. Weiter so mit den tollen Berichten und Fotos!☺

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